Von Silke Richter
Hoyerswerdas Markt der Möglichkeiten findet erst wieder im kommenden Jahr statt. Wir stellen aber wöchentlich Vereine vor. Heute: Den Großen Chor.
Hoyerswerda. Sonnabend gegen 9 Uhr in der Lausitzhalle: Helmut muss auf seinem Platz sitzen bleiben. Er ist nämlich kein Bass. Bernd hingegen soll sich bei den Tenören einfädeln, wie es Kerstin Lieder, künstlerische Leiterin des großen Chores, scherzhaft formuliert. Denn bevor die Gesangsprobe stattfinden kann, kommt es erst zu einem Sortierspielchen der jeweiligen Stimmlagen. Was dann passiert, lässt unwissende Laien wohl etwas schmunzeln. Denn bei der so genannten Aufwärmphase dringen sehr eigenartige, prustende Töne aus den Mündern der Sänger, deren Lippen dabei stark vibrieren. Die Klänge haben nichts mit Gesang zu tun. So scheint es zumindest. Doch der erste Anschein trügt. Denn diese Übung soll der Lockerung dienen. Der Humor kommt hierbei wahrlich nicht zu kurz und hält auch an, als Kerstin Lieder „ihre“ Sänger darum bittet, sich vorzustellen, dass Wurzeln deren Füße umschlingen und so mit dem Parkettboden fest verwachsen sind. „Bringt mit euren Tönen das Parkett zum Schwingen. Ihr müsst die Musik verinnerlichen“, meint die Chorleiterin. Plötzlich ist es ganz still. Wenig später erklingen erste gemeinsame Töne. Herrlich. Die mentale Einstimmung ist bei den Chormitgliedern jetzt angekommen. Einmal monatlich treffen sich die Hobbysänger, um für das aktuelle Projekt „Magnificat“ zu üben. Der Text stammt aus dem Neuen Testament, und wurde vom englischen Komponisten John Rutter aufgegriffen, der davon eine melodische Fassung geschaffen hat.
Im Frühjahr 2013 soll das Chorstück in Hoyerswerda aufgeführt werden. Doch bis dahin heißt es üben, üben, üben. Zweifel daran, dass das musikalische Vorhaben glücken könnte, sind aber unberechtigt. Denn schon bei der Beteiligung am Projekt „Sixtinische Madonna“ mit der Gruppe Electra ist der vor einem Jahr gegründete große Chor nicht nur gemeinschaftlich zusammengewachsen, sondern war auch sehr erfolgreich. „Wir wollen mit dem Chor und unseren Projekten ein Zeichen für die Region in dem Sinne setzen, dass wir uns auch im kulturellen Bereich nicht unterkriegen lassen, obwohl hier immer weniger Gelder und Ressourcen zu Verfügung stehen“, erklärt Vorsitzende Katrin Kiefel das Grundanliegen der Vereinsarbeit. An Nachwuchsmangel leidet der große Chor zwar nicht, aber sangesfreudige Interessierte seien immer herzlich willkommen. Notenkenntnisse und Chorerfahrung sind von Vorteil, aber nicht zwingend notwendig, so Katrin Kiefel. Und vielleicht sind beim nächsten Treffen am 9. April schon neue Sänger dabei. Auch wenn die Chorprobe dann wieder „nur“ mit prustenden Tönen und Begriffen wie „Wurzeln“ beginnt …