Finissage am 26.08.2012 im Schauspielhaus Dresden

„Finissage? Wenn das keine Schweinerei ist, machen wir mit!“ (Bernd Aust)

Anläßlich des 500. Geburtstages Raffaels „Sixtinischer Madonna“ gestaltete die Gemäldegalerie „Alte Meister“ im Semperbau am Zwinger eine Sonderausstellung, die dem Bild gewidmet war. Anläßlich der Beendigung dieser Sonderausstellung fand am 26. August 2012 im Schauspielhaus zu Dresden als Finissage ein „Rockkonzert der etwas anderen Art“ statt.

Mindestens 10% der Gäste in Schlips und Kragen bzw. Abendkleid waren sich wohl nicht ganz im Klaren, was da auf sie zukommen würde, und ebensoviele Prozent brachten das Personal und gewiss auch das ehrwürdige Gebäude mit ihrer Anzugsordnung (Flipflops waren auch dabei) zur Verwunderung. Electra in einem derart klassischen Ambiente hören zu können, hat natürlich etwas, und bis zum theatralischen Klingeln und Öffnen des Hauses war nicht ganz klar, was nun kommen würde.

Es kamen die Musiker der Neuen Elbland Philharmonie, und dann natürlich die Mitglieder von electra, unter frenetischem Beifall des Publikums (naja, der 80%, die Bescheid wußten), und auch so durchwachsen angezogen wie das Publikum. Wobei sich Bernd Aust, das teilweise honorige Publikum konsequent dutzend wie auf jedem Rockkonzert, zumindest für den Feinripp tragenden Roadie entschuldigte, der zwischendurch einen Notenständer auf die Bühne brachte.

Großer Applaus begleitete Austs Ankündigung, vor der Aufführung der „Sixtinischen Madonna“ ein paar Titel von electra zu spielen, da das Stück ja nur 25 Minuten gehe. Was sich als eine fromme, besser wundervolle Lüge herausstellte: Nach Klassik-Adaptionen begann das Konzert mit „Einmal ich, einmal Du, einmal er“ und der „Frau im Spiegelglas“, vorgetragen von einem grauhaarigen Wuschelkopf namens Gisbert Koreng, gefolgt von „Vier Milliarden in einem Boot“, einem Titel, den Bernd Aust mit ein wenig Blick auf das „Tal der Ahnungslosen“ ankündigte, inhaltlich etwa:

„Wir haben das Lied nach 1990 erstmal nicht gespielt, weil wir meinten, es werde nun alles besser, und die Botschaft des Liedes sei nicht mehr von Belang. Jetzt spielen wir es wieder“ (Applaus)

Danach wendeten sich die Musiker, immer wieder unterstützt von den Philharmonikern, Bach zu (Klassik-Adaptionen), woraufhin Aust seine virtuosen Fähigkeiten auf der Querflöte exorbitant ausspielen konnte: Gemeinsam mit einer wohl im Regelfall ausschließlich klassisch arbeitenden Querflötistin mündeten die Improvisationen im „Atem der Lokomotive“, zu dem sich Kollege Aust sogar neckisch auf ein Bein stellte und den Beweis erbrachte, dass die Welt der Rockmusik ZWEI Götter dieses Instrumentes kennt. Oder kennen sollte.
Eine reichliche Stunde gab es auf diese Weise gute Rockmusik, für die letzten beiden Lieder vor der eigentlichen Aufführung holte Bernd Aust dann auch einen wohlgekleideten Stefan Trepte (u.a. „Wenn die Blätter fallen“) auf die Bühne. Der auf die „paar Lieder von electra“ folgende tosende Applaus überbrückte dann locker die Zeit, die benötigt wurde, um das Bühnenbild aufzubauen:

Startenor Jens-Uwe Mürner, sich scheinbar plötzlich auf der Bühne manifestierend, war für den Gesang zuständig, der im Original wohl von Manuel von Senden stammt, und er machte seine Sache genauso gut wie dieser. Noch beeindruckender aber war der „Große Chor von Hoyerswerda“, verantwortlich nicht nur für das in die Rockoper integrierte Madrigal Orlando di Lassos, sondern die gesamte Aufführung mit ihren Stimmen begleitend: 100 Personen, die sich unter der Projektion der Madonna versammelten, machten die Aufführung zu einem unwiederbringlichen, einmaligen Erlebnis.

Logischerweise quittierte das Publikum diese Vorstellung mit Standing Ovations, was electra nun ihrerseits zu zwei Zugaben nötigte: Zunächst passend zum Inhalt des Bildes „Tritt ein in den Dom“, von den beiden Vokalisten sogar teilweise zusammen gesungen, und ganz zum Abschluss Trepte solo mit „Sieh in die Kerzen“.

Das Konzert im historischen Ambiente dauerte insgesamt zwei unvergessliche Stunden, und es machte Lust darauf, die „8-CD-Box Original Amiga-Alben von electra“ herauszusuchen und noch etwas Nachlese zu halten. Erstaunlich übrigens am Konzert, dass trotz alledem noch ein paar Plätze in der Runde freigeblieben waren. Und erstaunlich, dass – so Bernd Aust – die vierte CD der Gruppe electra die erste und bisher wohl einzige Hommage an das Gemälde darstellt.

Aus Deutsche-Mugge.de

 

 

 

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